Kindergeld trotz parallel ausgeübter Erwerbstätigkeit

Kindergeld trotz parallel ausgeübter Erwerbstätigkeit

Grundsätzlich besteht ein Kindergeldanspruch für ein über 18 Jahre altes Kind, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.[1] Der Begriff „Berufsausbildung“ umfasst nach ständiger Rechtsprechung jede Ausbildung zu einem künftigen Beruf; in einer Berufsausbildung befin­det sich auch, wer „sein Berufsziel“ noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vor­bereitet.[2] Hierzu dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.[3]

Der Kindergeldanspruch ist nicht automatisch ausgeschlossen, wenn eine erstmalige Berufsausbildung parallel zu einer ausgeübten Teilzeit- oder Vollzeiterwerbstätigkeit erfolgt; entscheidend ist, dass die Berufs­ausbildung hinreichend ernsthaft und nachhaltig betrieben wird. Dies hat das Finanzgericht Münster[4] ent­schieden.

Das Finanzgericht hatte über den Fall einer 19-jährigen Tochter zu entscheiden, die nach dem Abitur zunächst arbeitsplatzsuchend gemeldet war und anschließend für acht Monate in einem sozialversicherungs­pflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand; parallel zu dieser Erwerbstätigkeit war sie für ein Fernstudium in Vollzeit eingeschrieben. Entgegen der Auffassung des Finanzamts entschied das Finanzgericht, dass die Ausbildungsmaßnahme nicht die Zeit und Arbeitskraft des Kindes überwiegend in Anspruch nehmen muss. Feste formelle Mindestgrenzen für den zeitlichen Umfang einer Ausbildungsmaßnahme existieren nicht. Bestehen dagegen durchgreifende Anhaltspunkte für eine reine „Pro-forma-Immatrikulation“, liegt keine Berufsausbildung im Sinne des Kindergeldrechts vor. Insoweit bedarf es stets einer Einzelfallprüfung.

Bei der selbständigen Vorbereitung eines Kindes auf Prüfungen ohne regelmäßigen Besuch einer Ausbildungs­stätte sind allerdings strenge Anforderungen an den Nachweis und die Ernsthaftigkeit der Vorbereitung zu stellen. Außerdem dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Studium aus rein privaten, der Freizeitgestaltung vergleichbaren Motiven erfolgt. Ein gewichtiges Indiz für die Ernsthaftigkeit eines Fern­studiums ist nach Ansicht des Finanzgerichts der Umstand, dass die monatlichen Studiengebühren deutlich höher als das Kindergeld waren, sowie die Tatsache, dass das Kind Leistungsnachweise erbracht hat.



[1]    § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.

[2]    Siehe BFH-Urteil vom 03.07.2014 III R 52/13 (BStBl 2015 II S. 152 m. w. N.).

[3]    Siehe BFH-Urteil vom 02.04.2009 III R 85/08 (BStBl 2010 II S. 298 m. w. N.).

[4]    FG Münster vom 05.02.2025 7 K 1522/24 KG, AO (rechtskräftig).

November 1

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