Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen nach dem 31.12.2018
Insbesondere für Steuerfestsetzungen oder -anmeldungen, die nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet werden, sind im Regelfall Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren, abgerundeten rückständigen Steuerbetrag für jeden angefangenen Monat der Säumnis zu entrichten (§ 240 Abs. 1 AO).
Der Bundesfinanzhof[1] hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach entschieden, dass keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bestehen. Mit einem kürzlich ergangenen Beschluss wies das Gericht[2] darauf hin, dass zumindest für Zeiträume ab März 2022 wegen des mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs ausgelösten deutlichen Anstiegs der Marktzinsen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung über die Höhe der Säumniszuschläge mehr bestehen.
In einem jüngst veröffentlichten Urteil hat der Bundesfinanzhof[3] erneut bestätigt, dass der gesetzlichen Höhe der Säumniszuschläge auch für – die im Urteilsfall strittigen – Zeiträume nach dem 31.12.2018 weder verfassungsrechtliche noch unionsrechtliche Bedenken entgegenstehen.
Erstmalig setzt sich der Bundesfinanzhof in dieser Entscheidung mit einem möglichen Verstoß der Regelungen von Säumniszuschlägen gegen Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auseinander. Zwar sind – so das Gericht – Säumniszuschläge ein Druckmittel, um zur pünktlichen Zahlung von Steuern anzuhalten; dennoch ist mit ihrer Verwirkung nicht die vorrangige Funktion der Bestrafung von Unrecht beabsichtigt, wie es Art. 6 EMRK für den Begriff der Straftat fordert. Auch knüpft das Gesetz keine typischen strafrechtlichen Folgen wie Freiheitsentziehung oder Eintragung ins Strafregister an einen Verstoß.
[1] Vgl. BFH-Urteil vom 23.08.2023 X R 30/21 (BStBl 2024 II S. 215) m. w. N.
[2] BFH-Beschluss vom 21.03.2025 X B 21/25 (AdV); vgl. auch Informationsbrief Juni 2025 Nr. 1 m. w. N.
[3] BFH-Urteil vom 19.02.2025 XI R 18/23.