Gewinnerzielungsabsicht: Vorläufigkeit der Verlustberücksichtigung
Bei Eröffnung eines Gewerbebetriebs bzw. Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit stellt sich für die Berücksichtigung von Anlaufverlusten die Frage, ob für die Tätigkeit eine Gewinnerzielungsabsicht besteht. Ist der Betrieb seiner Art nach auf Dauer geeignet und bestimmt, mit Gewinn zu arbeiten, kann dies für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht sprechen.[1] Dagegen spricht bei längeren Verlustperioden (z. B. eines Einzelhandelsgeschäfts) das unveränderte Beibehalten des Geschäftskonzepts für das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht, auch wenn die Tätigkeit in der Regel nicht auf Interessen der privaten Lebensführung beruht.[2]
Neben der Gewinnerzielungsabsicht stellt sich die Frage der endgültigen Verlustberücksichtigung. Das Finanzamt kann die (negativen) Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb bzw. aus der selbständigen Tätigkeit auch nur vorläufig berücksichtigen.[3] Stellt das Finanzamt nach Ablauf mehrerer Jahre fest, dass keine Gewinnerzielungsabsicht besteht, fallen die vorläufig berücksichtigten Verluste weg, wodurch es zu Steuernachzahlungen kommen kann.
Offen war bislang, ob die Grundsätze für den Beweis des ersten Anscheins zur Gewinnerzielungsabsicht auch zu einer endgültigen Berücksichtigung der Anlaufverluste führen. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs[4] wirkt der Anscheinsbeweis allerdings nicht so weit, dass die weitere Entwicklung nicht zu berücksichtigen wäre. Eine vorläufige Festsetzung und die darauf folgende spätere Überprüfung der Gewinnerzielungsabsicht sind damit nicht ausgeschlossen.
[1] H 15.3 „Beweisanzeichen – Betriebsführung“ EStH.
[2] H 15.3 „Beweisanzeichen – Verlustperioden“ EStH.
[3] Vgl. § 165 Abs. 1 Satz 1 AO.
[4] BFH-Beschluss vom 16.01.2025 X B 23/24 (BFH/NV 2025 S. 294).